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Maria neu entdecken, im Mai

Wem begegnen wir in Maria, z.B. in den Maiandachten, die auch in unseren Pfarreien immer noch Brauch sind? Wer ist diese Maria? Diese Frau, die vor 2000 Jahren in Israel gelebt hat? Maria hat so viele Gesichter und Geschichten, wie es Menschen gibt, die sich mit ihr beschäftigen, nicht nur Römisch-Katholiken! Wer ist diese Frau, die als Mutter des Jesus von Nazareth zu einer wichtigen Frauenfigur des Christentums wurde? Wenn wir ihr begegnen, hinterlässt sie Spuren in unserem Leben. Ihr zu begegnen kann Mut machen, das eigene Leben und seine Herausforderungen in einem neuen Licht zu sehen.

In Maria begegnen wir zuerst einer Jüdin mit Herzblut. Sie war fest in ihrem Glauben verwurzelt und viel mehr noch mit ihrem Gott verbunden. Um Jesus zu verstehen, ist seine Herkunft aus der jüdischen Glaubenskultur bedeutend. Ein wesentlicher Moment einer Christusbegegnung ist immer eine Begegnung mit den jüdischen Traditionen. Maria kannte das Lied der Hanna auswendig und hat ihr Magnifikat daraus geformt. Maria ging zum Tempel, um das traditionelle Opfer der Wöchnerin zu bringen. Sie ist mit ihrer Familie zur Wallfahrt nach Jerusalem gegangen und hat als jüdische Mutter ihren Sohn im Glauben aufwachsen lassen. Mit ihrem Beispiel hat sie ihren Sohn Jesus die Liebe Gottes, den er später seinen himmlischen Vater nannte, erfahren lassen. Sie hat Jesus bestärkt, seinen Glauben neu zu denken und Gottes Liebe in den Mittelpunkt zu stellen.

Blumen sind meist äusserlich nicht stark, man muss wissen, wie sie zu pflegen sind, wie sie wachsen, welchen Dünger, Sonnenstandort und Boden sie brauchen. Und doch gibt es starke Pflanzen und Blumen, sie wurzeln und drängen zum Leben. Sie wachsen unter ungünstigen Bedingungen. Sie passen sich an, wollen leben und sind fruchtbar. Viele blühen wunderbar und erfreuen unser Herz und unsere Nase – gerade im Mai! Eine Vielzahl von Blumen in ihren verschiedenen Facetten, Farben und Gerüchen wurden zu Symbolen für Maria. Marias Leben war kein leichtes. In einfachen Verhältnissen aufgewachsen, sorgte sie für sinnerfülltes Leben und Glauben. Sie kannte Vorurteile und Anfeindung, Flucht und Ablehnung, aber auch die große Verehrung, die ihrem Sohn Jesus entgegengebracht wurde. Schmerzerfüllt sah sie ihren Sohn am Kreuz sterben und erlebte seine Auferstehung. Ein Lebensweg, der gewiss nicht nur mit Rosenblättern bestreut war Doch blieb Maria stets greifbar.

Maria wurde zu einer wichtigen Frau in der urchristlichen Gemeinschaft. Wir lesen in der Apostelgeschichte: «Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben: Die Jünger und Jüngerinnen Jesu und Maria, der Mutter Jesu. Sie verharrten zusammen einmütig im Gebet.» Maria war dabei, als der Heilige Geist an Pfingsten die urchristliche Gemeinschaft auf den Weg brachte. Marias Gegenwart und Kraft haben die Jüngerinnen und Jünger Jesu getröstet. Maria möge auch uns Fantasie und Trost für Neuorientierungen in unserem Leben, in unserer Kirche und in der Welt geben.

Guido Ducret, Pfarreiseelsorger