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Fastenzeit: Zeit des Suchens

Eine sehr interessante Erzählung befindet sich im vierten Kapitel des Johannesevangeliums. In dieser Erzählung geht es um eine samaritische Frau, der Jesus beim Jakobsbrunnen begegnet. Die unpersönliche Identifizierung der Frau kann uns nachdenklich stimmen. Es scheint nicht einfach um sie zu gehen, sondern das Evangelium stellt uns in ihr ein Bild für unser Leben vor. Ihre Geschichte ist die Geschichte vieler Menschen, auf der Suche nach Gott.
Die Frau kommt an den Brunnen, um Wasser zu schöpfen. In der Bibel ist das Thema des Wassers von grosser Bedeutung. Wasser steht für das Leben, und das göttliche Leben wird immer als lebendiges Wasser dargestellt. Dass diese Frau kommt, um Wasser zu schöpfen, ist bereits ein Hinweis auf die Suche nach einem tieferen Sinn. Sie kommt um die sechste Stunde, um Wasser zu schöpfen, zu gleicher Stunde, da sich Jesus müde von der Reise an den Brunnen setzt. Jesus, der das lebendige Wasser ist und verspricht, wartet auf die Frau, genau an dem Ort, an dem sie Wasser schöpfen will.
Diese Gedanken gehen mir jedes Mal durch den Kopf, wenn ich diese Bibelstelle lese. Die Frau scheint mir ein Bild für jeden Menschen zu sein, der auf der Suche nach Erfüllung ist. Sie hatte bereits fünf Männer, und der sechste Mann ist nicht ihr Mann. Braucht sie nun einen «siebten Mann»? Die Zahl sieben steht in der Bibel und in vielen Kulturen für Vollendung, Vollkommenheit und Erfüllung. So gesehen steht Jesus vor dieser Frau als Zeichen der Erfüllung. So steht er vor allen Menschen auf der Suche nach Erfüllung.
Der heilige Augustinus schrieb: «Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir, Gott!» So hat er seine persönliche Erfahrung der Suche nach Gott in Worte gefasst. Aber wie die Frau am Brunnen für alle Menschen steht, so findet auch das Wort von Augustinus Widerhall im Herzen jedes Menschen. Beide schenken uns Hoffnung: Wer sucht, der findet. Ja mehr noch: Er, den wir suchen, wird uns finden. In diesem Sinne wünschen wir allen eine besinnliche und gesegnete Fastenzeit.

Dr. Ignatius Okoli, Leitender Priester